Frühe vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
Im aktuellen Kontext geopolitischer Spannungen im OSZE-Raum lassen sich aus den Maßnahmen für Zusammenarbeit im Bereich militärischer Sicherheit, die die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (die Vorgängerin der OSZE) zu Zeiten des Kalten Krieges verabschiedet hat, einige nützliche Lehren ziehen.
Während des letzten Jahrzehnts hat der OSZE-Acquis im Sicherheitsbereich zunehmend Schaden genommen durch das Abbröckeln des Eckpfeilers der europäischen Rüstungskontrolle – des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) 1992 – ohne dass ein Ersatz dafür in Sicht wäre. An seine Stelle ist eine neue Art des geopolitischen Wettbewerbs getreten, ausgelöst durch anwachsende Krisenpotenziale und neue sicherheitspolitischen Herausforderungen, insbesondere die Krise in der und um die Ukraine. Diese Entwicklungen haben das Bild der europäischen Sicherheitslandschaft verändert und die Grundprinzipien der euroatlantischen und eurasischen Sicherheitskooperation in Frage gestellt. Sie haben auch eine Reihe von Teilnehmerstaaten zu der Auffassung kommen lassen, dass es verstärkte Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen braucht, um vermeintliche Bedrohungen ihrer Souveränität und territorialen Integrität abzuwehren. Und tatsächlich erreichte die Zahl grenznaher Überflüge, von Armeeübungen und Flottenmanövern in den letzten zwei Jahren hinsichtlich Anzahl und Größe ein Ausmaß, wie wir es seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr erlebt haben.
Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, daran zu erinnern, dass sogar auf dem Höhepunkt der Blockkonfrontation im Europa der 1960er-Jahre die Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) die Auffassung vertrat, dass Entspannung verbunden mit dem Angebot einer Sicherheitskooperation die Abschreckung ergänzen sollte, wie das auch in ihrem „Harmel-Bericht“ vom Dezember 1967 empfohlen wurde. Ausgehend von dieser Sichtweise, der auf Seiten der Sowjetunion das erklärte Ziel der Sicherung einer „friedlichen Koexistenz“ zwischen unterschiedlichen politischen und ideologischen Systemen gegenüberstand, wurde 1973 die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki einberufen. Fünfunddreißig Staaten – entweder Mitglied eines der beiden Militärblöcke oder neutral, beziehungsweise nichtpaktgebunden – nahmen daran teil. Den Weg nach Helsinki
ebneten mehrere bilaterale Abkommen zwischen Westdeutschland und der Sowjetunion, Polen, der Tschechoslowakei und Ostdeutschland, der Beitritt beider deutscher Staaten zu den Vereinten Nationen und das Berliner Viermächteabkommen, die Unterzeichnung des Vertrags über die Begrenzung strategischer Waffen (SALT I) durch die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten und die Aufnahme der Gespräche über beiderseitige ausgewogene Truppenreduzierungen (MBFR) über konventionelle Rüstungskontrolle in Mitteleuropa.
Die Konferenz ging 1975 mit der Verabschiedung der Schlussakte von Helsinki zu Ende, die ein breites Spektrum von Maßnahmen für eine Zusammenarbeit festlegte, die in drei „Körbe“ gegliedert waren: Sicherheit, wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit und humanitäre und andere Fragen. Der erste Korb enthielt nicht nur zehn Prinzipien, die die zwischenstaatlichen Beziehungen leiten (für deren konkrete Bedeutung und Anwendung in einem geteilten Europa das bestehende Völkerrecht interpretiert wurde), sondern auch einen Satz vertrauens- und sicherheitsbildender Maßnahmen (VSBM).
Maßnahmen von Helsinki
Während die Gespräche über beiderseitige ausgewogene Truppenreduzierungen nur die Mitgliedstaaten von NATO und Warschauer Pakt betrafen, berücksichtigten die in der Schlussakte von Helsinki enthaltenen VSBM die Risikowahrnehmungen aller 35 KSZE-Teilnehmerstaaten. Die Maßnahmen trugen den Befürchtungen Rechnung, dass laufende großangelegte Militärübungen und Truppenbewegungen für Überraschungsangriffe oder die kurzfristige Vorbereitung großangelegter Offensivoperationen genutzt werden könnten.
Es wurde eine Bestimmung vereinbart, der zu Folge militärische Übungen in einer Gesamtstärke von mehr als 25 000 Mann (einschließlich amphibischer und Luftlandekräfte) der vorherigen Ankündigung bedürfen, samt einer optionalen Beobachterklausel. Die Ankündigung musste mindestens 21 Tage vor Beginn der Übung erfolgen, wobei kurzfristig angesetzte sogenannte Snap Exercises (Übungen ohne vorherige Bekanntgabe an die Truppen) ausgenommen waren, die so frühzeitig wie möglich anzukündigen waren. Für Luftlande- beziehungsweise amphibische Operationen sollten die für die Ankündigung erforderlichen Schwellen deutlich niedriger sein, der Text enthielt jedoch keine konkreten Angaben. Diese Bestimmungen bezogen sich auf die Personalstärke. Die Schlussakte von Helsinki sah keinerlei Schwellen für Rüstung oder Ausrüstung vor. Den Teilnehmerstaaten wurde allerdings nahe gelegt, zusätzliche relevante Informationen zu den Übungen zur Verfügung zu stellen, wie über ihren Zweck, die Anzahl und die Komponenten der eingesetzten Truppen, den Zeitplan, den zeitlichen Rahmen und die erfassten geografischen Gebiete.
Die VSBM von Helsinki berücksichtigten die besondere politische Sensibilität und operative Relevanz ungewöhnlicher militärischer Aktivitäten in grenznahen Bereichen. Für kleinere Manöver, an denen weniger als 25 000 Mann beteiligt waren, die jedoch in nächster Nähe zu anderen Teilnehmerstaaten stattfanden, wurde ebenfalls zur Ankündigung geraten. Bei Teilnehmerstaaten, deren Territorium sich über Europa hinaus erstreckt, galten die VSBM von Helsinki nur für das Gebiet innerhalb von 250 km von der Grenze zu einem europäischen Teilnehmerstaat.
Der Austausch von Beobachtern und zusätzliche Kontakte wie gegenseitige Besuche von Militärdelegationen waren in der Schlussakte nicht zwingend vorgesehen, jedoch wurde dazu geraten und das Prinzip der Wechselseitigkeit betont. Die KSZE sah darüber hinaus vor, dass die aus der ersten Anwendung der in Helsinki vereinbarten Maßnahmen gewonnenen Erfahrungen zur Entwicklung weiterer und genauerer Bestimmungen führen könnten.
Begrenzte Umsetzung
Leider verschlechterte sich das politische Klima in den Jahren nach der Verabschiedung der Schlussakte von Helsinki. Die Krise rund um die Inbetriebnahme ballistischer Flugkörper mittlerer Reichweite in Europa steuerte auf ihren Höhepunkt zu, die Sowjetunion stationierte Truppen in Afghanistan, in Polen wurde das Kriegsrecht verhängt, die MBFR-Gespräche traten auf der Stelle.
Dazu kamen noch gravierende Auslegungsunterschiede bezüglich der Schlussakte von Helsinki vor allem was Menschenrechte und Grundfreiheiten betraf – sie verschärften das gegenseitige Misstrauen weiter.
Die VSBM wurden also nach Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki mehr als zehn Jahre lang nur begrenzt und selektiv umgesetzt. Zwischen 1975 und 1986 wurden 72 groß angelegte Manöver angekündigt, von denen 47, wenn auch ganz eng gefassten Vorgaben, beobachtet wurden. Darüber hinaus wurden in diesem Zeitraum 53 kleinere Übungen angekündigt, 19 davon wurden beobachtet. Bei den KSZE-Folgetreffen in Belgrad (1977 – 1978) und Madrid (1980 – 1983) waren keine sichtbaren Fortschritte bei der Entwicklung neuer VSBM möglich. In Madrid einigten sich die Teilnehmerstaaten allerdings darauf, im Januar 1984 eine Konferenz in Stockholm einzuberufen, um die Umsetzung und Weiterentwicklung von VSBM zu fördern.
Das Stockholmer Dokument
Die Verhandlungen auf der Stockholmer Konferenz erhielten unerwartet Auftrieb durch den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, der mit seinem Reformkurs für die Politik der Sowjetunion begann. Das führte zu gegenseitigen Entspannungssignalen, unter anderem zu Kompromissangeboten bei der konventionellen Rüstungskontrolle und den ballistischen Flugkörpern mittlerer Reichweite. Den KSZE-Teilnehmerstaaten gelang es 1986 in Stockholm, ein Paket überarbeiteter VSBM zu verabschieden, die im Stockholmer Dokument aufgeführt sind und auch heute noch den Kern der Frühwarnfunktion des Wiener Dokuments bilden, das auf das Stockholmer Dokument folgte: vorherige Ankündigung und Beobachtung militärischer Übungen und ungewöhnlicher militärischer Aktivitäten, Jahresübersichten und beschränkende Bestimmungen, verstärkt durch Verifikationsmaßnahmen.
Im Madrider Mandat für die Stockholmer Konferenz stand, dass die Anwendungszone für neue VSBM ganz Europa sowie den angrenzenden Luftraum und das angrenzende Seegebiet umfassen sollte, worunter auch die an Europa angrenzenden ozeanischen Gebiete zu verstehen waren. Diese Präzisierung war neu gegenüber den VSBM von Helsinki. Im angrenzenden Seegebiet und im angrenzenden Luftraum würden VSBM auf militärische Tätigkeiten aller Teilnehmerstaaten nur dann anwendbar sein, wenn sie die Sicherheit in Europa berühren und einen Teil ihrer anzukündigenden Tätigkeiten in ganz Europa konstituieren.Die für bestimmte militärische Aktivitäten erforderliche vorherige Bekanntgabe wurde im Stockholmer Dokument von 21 Tagen (Schlussakte von Helsinki) auf 42 Tage verlängert. Und auch in diesem Fall war für kurzfristig angesetzte Übungen eine Ausnahme vorgesehen: sie waren zu dem Zeitpunkt bekanntzugeben, zu dem die beteiligten Truppen derartige Aktivitäten beginnen.
Die in Helsinki vorgesehene Schwelle von 25 000 Mann, die bei derartigen Aktivitäten eingesetzt sind, wurde auf 13 000 abgesenkt, unter der Voraussetzung, dass sie an derselben Übung teilnehmen und in eine Divisionsstruktur oder zumindest in zwei Brigaden/Regimenter gegliedert sind. Diese Truppen (nun als „Landstreitkräfte“ bezeichnet) sollten per definitionem nicht nur Landstreitkräfte, amphibische und Luftlandekräfte, sondern auch luftbewegliche Kräfte einschließen. Mit 300 Kampfpanzern wurde eine zusätzliche Schwelle eingeführt. Auch kleinere Übungen waren anzukündigen, wenn an amphibischen Landungen oder Fallschirmabsprüngen mindestens 3000 Mann beteiligt waren. Erstmals war auch die Teilnahme von Luftstreitkräften in die Ankündigung einzubeziehen, wenn im Verlauf der Aktivität 200 oder mehr Einsätze von Flugzeugen (ausgenommen Hubschrauber) geflogen werden sollten.
Die Angaben, die in jeder Ankündigung enthalten sein mussten, waren in allen Einzelheiten aufgeführt: Benennung und allgemeiner Zweck der Aktivität, die Namen der beteiligten Staaten, die Führungsebene, Anfangs- und Enddaten, Typ und Gesamtstärke des teilnehmenden Personals, Gesamtzahl der teilnehmenden Divisionen, der amphibischen Landungen und Fallschirmabsprünge sowie der beteiligten Hauptwaffensysteme (einschließlich Kampfpanzern, montierter Abschussrampen für Panzerabwehrlenkraketen, Artilleriegeschützen und Mehrfachraketenwerfern mit einem Kaliber von 100 mm und darüber, Hubschraubern, vorgesehener Zahl der Flugzeugeinsätze und Küstenbeschuss durch Schiffsartillerie).
Multinationale Übungen betreffend sah das Stockholmer Dokument vor, dass der Gastgeberstaat, auf dessen Territorium die Aktivität stattfinden sollte, die Übung anzukündigen habe, wenn die Gesamtzahl aller nationalen Streitkräfte die Schwellen überschritt, auch wenn der Anteil der nationalen Kräfte jeweils unter der ankündigungspflichtigen Schwelle blieb. Ebenfalls ankündigungspflichtig war die Ankunft bedeutsamer Truppen, die von außerhalb der Anwendungszone für VSBM in diese oder innerhalb der Zone zu Konzentrationspunkten in der Zone verlegt wurden. Diese Bestimmungen stellten die Transparenz von außerhalb Europas kommender militärischer Verstärkungen oder von der Verlegung bedeutsamer operativer Reserven in die Anwendungszone sicher.
Die relativ vage formulierte Empfehlung betreffend die Beobachtung ungewöhnlicher militärischer Aktivitäten in der Schlussakte von Helsinki wurde im Stockholmer Dokument zu konkreten Bestimmungen. Die Teilnehmerstaaten hatten Beobachter aus allen anderen Teilnehmerstaaten zu anzukündigenden Übungen und Streitkräftekonzentrationen einzuladen, wenn die Stärke des beteiligten Personals 17 000 Mann erreichte oder überschritt. Für amphibische Landungen und Fallschirmlandungen lag die Schwelle für das eingesetzte Personal bei 5 000 Mann. Jeder Teilnehmerstaat hatte das Recht, zwei Beobachter zu entsenden, deren Aufgabe darin bestand, sich davon zu überzeugen, dass die militärische Aktivität nicht bedrohlicher Natur ist. Zu diesem Zweck waren sie berechtigt, geeignete Karten und Beobachtungsausrüstung zu verwenden, tägliche Einweisungen über die Lageentwicklung und den täglichen Zeitplan zu erhalten, geographische Schlüsselpositionen im Einsatzgebiet zu besuchen und mit Kommandanten/Kommandeuren und Truppenangehörigen größerer Kampftruppenteile Kontakt aufzunehmen. Zu Snap Exercises waren nur dann Beobachter einzuladen, wenn diese länger als 72 Stunden dauerten.
Das Stockholmer Dokument enthielt als weiteres neues Element das Erfordernis, dass Teilnehmerstaaten jedes Jahr jeweils bis zum 15. November ihre Jahresübersicht für ihre ankündigungspflichtigen Aktivitäten für das darauffolgende Kalenderjahr übermitteln, zusammen mit genauen Angaben zu den Daten, den allgemeinen Merkmalen, zum Zweck, zum zahlenmäßigen Umfang und zur Dauer sowie zur Zahl und zum Typ des eingesetzten Personals. Darüber hinaus wurden auch beschränkende Bestimmungen aufgenommen: Die für das zweite darauffolgende Kalenderjahr geplante militärischen Aktivitäten, an denen mehr als 40 000 Mann beteiligt sind, mussten zusammen mit den entsprechenden Angaben angekündigt werden, und es durften keine militärische Aktivitäten, an denen mehr als 75 000 Mann beteiligt sind, durchgeführt werden, sofern sie nicht Gegenstand einer derartigen Mitteilung waren; die Teilnehmerstaaten durften keine militärischen Aktivitäten durchführen, an denen mehr als 40 000 Mann beteiligt sind, sofern diese nicht in der Jahresübersicht enthalten waren. Mit diesen Bestimmungen wurde sichergestellt, dass so genannte Snap Exercises über diese Schwellen hinaus nicht ohne langfristige Vorankündigung zulässig waren, was den Zweck verfolgte, die Entwicklung von Szenarien zu verhindern, die für Überraschungsangriffe benutzt werden konnten.
Als weitere vertrauensbildende Maßnahme in Fällen zweifelhafter Einhaltung erhielten die Teilnehmerstaaten das Recht, auf dem Territorium eines jeden anderen Teilnehmerstaats innerhalb der Anwendungszone Verdachtsinspektionen durchzuführen. Kein Staat musste jedoch auf seinem Territorium mehr als drei Inspektionen pro Kalenderjahr zulassen. In den Inspektionsersuchen war das Gebiet anzugeben, in dem eine anzukündigende militärische Aktivität vermutet wurde und das bezeichnete Gebiet durfte nicht größer sein als ein Gebiet, das für eine militärische Aktivität auf Armee-Ebene erforderlich ist. Der inspizierte Staat hatte den Inspektoren ungehinderten Zugang zu gewähren, mit Ausnahme von sensitiven Punkten oder kleinen Sperrgebieten, wie Verteidigungsanlagen, militärischen Fahrzeugen, Luftfahrzeugen oder Schiffen. Inspektionsersuchen waren innerhalb von 24 Stunden zu beantworten. Der Inspektionsgruppe war binnen 36 Stunden die Einreise zu gestatten, an einem Punkt der Einreise, der so nahe wie möglich am bezeichneten Gebiet liegt; die Inspektion war für eine Dauer von höchsten 48 Stunden zu Lande, aus der Luft oder auf beide Arten zu gestatten.
Im letzten Abschnitt des Stockholmer Dokuments wird mit dem expliziten Hinweis auf die Verwirklichung der VSBM betont, wie sehr diese zur Verringerung der Gefahren von bewaffneten Konflikten und von Missverständnissen oder Fehleinschätzungen von militärischen Tätigkeiten beitragen würden.
Was folgte
Gegen Ende der Konferenz in Stockholm machte die Entspannung rasche Fortschritte. Im Mai 1987 gab der Warschauer Pakt eine Änderung in seiner Militärdoktrin in Richtung einer Verteidigungsstrategie bekannt. Im Dezember desselben Jahres wurde der Vertrag über die Vernichtung nuklearer Mittelstreckenraketen (INF-Vertrag) zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten unterzeichnet. Ein neues Mandat für Verhandlungen über konventionelle Rüstungskontrolle wurde im Januar 1989 vereinbart, gefolgt vom Abschluss des KSE-Vertrags im darauffolgenden Jahr.
Die ersten gegenseitigen Beobachtungen nach dem Stockholmer Dokument wurden 1987 in Mitteleuropa durchgeführt. Die Ergebnisse waren ermutigend: Die Einhaltung der Bestimmungen von Stockholm konnte bestätigt werden und die ersten Kontakte zwischen Militärexperten halfen mit, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
Anfang 1989 beschlossen die Teilnehmerstaaten auf dem Wiener KSZE-Folgetreffen, die Verhandlungen über die Verstärkung der in Stockholm vereinbarten VSBM fortzusetzen. Die Beratungen fanden in Wien statt und gipfelten im Wiener Dokument 1990. Es war das erste in einer Reihe von Wiener Dokumenten, deren bislang letztes das Wiener Dokument 2011 ist, das die derzeitigen VSBM der OSZE enthält.
Gewonnene Erkenntnisse
Die frühen VSBM der KSZE, wie sie in der Schlussakte von Helsinki und im Stockholmer Dokument enthalten sind, konzentrierten sich auf ungewöhnliche militärische Aktivitäten und sahen frühzeitige Bekanntgabe, Ankündigung und Verifikation vor. Sie basierten zwar auf Schwellenwerten, die den großen Rüstungsmengen und großen Fähigkeiten der Militärblöcke bis 1991 entsprachen, doch könnten die für ihre Einführung und Umsetzung anwendbaren Prinzipien auch heute noch nützlich sein und sie verdienen gebührende Überlegung.
(1) Die frühen VSBM konnten verstärkt und umgesetzt werden, sobald man sich grundsätzlich über die Entspannung einig war und der politische Wille vorhanden war, einen offenen Dialog und kooperative Sicherheit auf der Grundlage gemeinsamer Normen und Verpflichtungen zur wechselseitigen Zurückhaltung zu fördern. Auch heute wäre ein kooperatives Sicherheitsumfeld förderlich für die Weiterentwicklung der VSBM im Interesse der Erhöhung von Transparenz und Vertrauen.
(2) Wechselseitige Zurückhaltung kann am besten durch konventionelle Rüstungskontrolle erreicht werden, die auf konkrete Begrenzungen des offensiven militärischen Potenzials abzielt. Deshalb wurde die konventionelle Rüstungskontrolle, parallel zu den frühen KSZE-Verhandlungen über VSBM, mit Schwerpunkt auf den wichtigsten Waffen fortgesetzt, die zur Durchführung von Angriffen im Rahmen gemeinsamer Kriegsoperationen notwendig sind. Auch heute hätte die Neubelebung der konventionellen Rüstungskontrolle positive Auswirkungen auf die Erfolgsaussichten der Bemühungen der OSZE um eine Erhöhung der Transparenz.
(3) Die frühen VSBM waren militärisch relevant, da sie realistischen Szenarien und den vorherrschenden Risikowahrnehmungen entsprachen. Besondere Aufmerksamkeit galt ungewöhnlichen militärischen Aktivitäten, vor allem in Grenzgebieten. Ein solcher Fokus hätte auch heute noch Berechtigung. Die Schwellenwerte für multinationale Beobachtungen und Inspektionsquoten müssen allerdings an die Gegebenheiten des heutigen Europa angepasst werden.
Oberst a. D. Wolfgang Richter ist Senior Associate der Stiftung Wissenschaft und Politik (Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit) in Berlin. Von 2005 bis 2009 war er Leiter des militärischen Anteils und leitender militärischer Berater der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der OSZE.
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