Die Mission in Serbien: Inklusion der Roma im Bildungsbereich
Um die Minderheit der Roma in Serbien zu integrieren, ist es ganz wichtig, Roma-Kinder beim kontinuierlichen Besuch einer Bildungseinrichtung zu unterstützen. Der Anteil der Roma mit Grundschulabschluss erhöhte sich von 29 Prozent im Jahr 2002 auf 33 Prozent im Jahr 2011. Hingegen schlossen 2011 nur 11 Prozent die Sekundarstufe ab. Es sind bei Mädchen und Jungen unterschiedliche Gründe, die sie zum Abbruch der Sekundarstufe veranlassen. Bei Roma-Mädchen sind es eine frühe Verheiratung, wirtschaftliche Not und der von der Gemeinschaft ausgehende Druck, um nur einige der wichtigsten Gründe zu nennen; Jungen brechen die Schule eher deshalb ab, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Valjevo, eine Stadt in Westserbien, ist es mithilfe eines laufenden mit 4,8 Millionen aus EU-Fördermitteln dotierten Projekts, European Support for Roma Inclusion (ESRI), gelungen, im Bildungsbereich Verbesserungen betreffend die Roma zu bewirken, wobei allerdings die beiden größten Probleme der Roma-Gemeinde, Beschäftigung und Zugang zu Wohnraum, nach wie vor ungelöst sind. Das wurde im Januar 2016 bei der Präsentation der Arbeit der gemeinsamen mobilen Beratungsteams festgestellt, die Teil des Projekts sind. Die Teams bestehen aus kommunalen Roma-Koordinatoren, pädagogischen Assistenten, Gesundheitsmediatoren sowie Vertretern der Sozialhilfezentren und der nationalen Arbeitsvermittlungsstelle. Valjevo ist eine von 20 Pilotstädten und ‑gemeinden, deren Bürgermeister im Februar 2014 das Memorandum of understanding unterzeichnet haben, um sie zu unterstützen.
Die breit aufgestellten mobilen Beratungsteams entsprechen dem umfassenden, aus mehreren Elementen bestehenden Ansatz des ESRI-Projekts. Das Projekt wird unter dem Motto We Are Here Together von der OSZE-Mission in Serbien in Abstimmung mit dem Serbischen Büro für Menschen- und Minderheitenrechte durchgeführt. Es geht auf die nachhaltigsten Seiten der Ausgrenzung der Roma ein, angefangen vom fehlenden Zugang zu ganz grundlegenden Rechten wie angemessener Gesundheitsversorgung, Bildung und staatlichen Sozialleistungen bis hin zu den Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Für die OSZE-Mission schließt die Arbeit im Rahmen von ESRI an die zehnjährige Tätigkeit zur Integration der Roma an, insbesondere im Bereich der Ausbildung pädagogischer Assistenten und von Gesundheitsmediatoren und der Unterstützung für die Koordinierung der kommunalen Dienste. Eine der anhaltenden Herausforderung, mit denen die Mission konfrontiert ist, war die Förderung der Koordinierung zwischen den verschiedenen für diese Programme verantwortlichen Stellen. Lloyd Tudyk, der das ESRI-Projekt in der OSZE-Mission leitet, erklärt, dass „sich die meisten Maßnahmen zur Integration der Roma in Serbien zu Beginn dieses Großprojekts auf ein oder zwei Themen bezogen, also entweder ausschließlich dem Zugang zu Bildung oder der Arbeitslosigkeit gewidmet waren. Diese beiden Jahre haben gezeigt, dass ein umfassender Ansatz besser funktioniert.“
Petar Antic, der die mobilen Teams in der OSZE-Mission berät, bezeichnet die Ergebnisse in Valjevo als bedeutsam: „Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Stellen funktioniert nun viel besser, vor allem zwischen dem Sozialhilfezentrum, der nationalen Arbeitsvermittlungsstelle, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und der Kommunalverwaltung.” Ein wesentlicher Teil der Arbeit der mobilen Beratungsteams ist die Förderung des Schulbesuchs von Roma. Es ist den Bemühungen der Teams zu verdanken, dass inzwischen mehr als 1200 Roma-Kinder zu vorschulischen Bildungseinrichtungen angemeldet wurden.
Der Roma-Koordinator von Valjevo, Dejan Marinković, stellt fest, dass Roma mit besserer Schulbildung auch bessere Chancen bei potenziellen Arbeitgebern haben, was wiederum das Wohnraumproblem und viele andere Probleme lösen würde. „Ohne Bildung keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung und auch kein Zugang zum Gesundheitswesen – diesen Teufelskreis wollen wir durchbrechen“, meint er.
Ein Teil des ESRI-Projekts widmet sich der Aufgabe, den Schulabbruch auf der Sekundarstufe zu verhindern. 667 leistungsschwache Schüler und damit potenzielle Schulabbrecher erhielten während zwei Schuljahren ein Stipendium. Das Programm wurde vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und technische Entwicklung durchgeführt und von der OSZE-Mission und dem Roma Education Fund unterstützt.
191 pädagogische Assistenten und 194 Mentoren trugen wesentlich dazu bei, die Teilnahme von Roma am Bildungsprozess zu erhöhen. Die pädagogischen Assistenten, die mit ihrer Teilnahme am Projekt auch Zeugnisse erwarben, erteilten den Roma- und Nichtroma-Kindern in erster Linie Nachhilfe für den Unterrichtsstoff. Die Mentoren, denen die Arbeit im Rahmen des Projekts ebenfalls für ihre Ausbildung angerechnet wurde, halfen den Schülern mit Stipendium bei der sozialen Eingliederung und der Lösung persönlicher und familiärer Probleme. „Es geht darum, diesen sozial benachteiligten Kindern Beständigkeit und hochwertige Bildung zu geben, sie die Achtung von Vielfalt zu lehren, multikulturelle Werte zu entwickeln und kulturelle Identität zu fördern“, fasst der pädagogische Assistent Vojke Zorica Jovanovic zusammen.
Das im Juni 2016 abgeschlossene Programm zur Verhinderung des Schulabbruchs wird vom Bildungsministerium mit Hilfe von EU-Fördermitteln fortgesetzt werden. Die mobilen Teams werden ihre Arbeit fortsetzen; es ist sogar ein Ausbau des Netzwerks geplant.
In den Sekundarschulbereich zu investieren heißt, armen und ausgegrenzten Kindern einen besseren Start ins Leben zu ermöglichen. Der Zugang zu Bildung ist nicht nur ein Menschenrecht, ihn zu verbessern zeugt auch von klugem Wirtschaften, durch das die Arbeitsproduktivität langfristig erhöht wird, was wiederum dazu beiträgt, den Kreislauf der generationenübergreifenden Armut zu durchbrechen, von dem die ärmsten und schwächsten Bevölkerungsgruppen von Europa besonders stark betroffen sind. Die Förderung einer integrativen Bildung trägt zusammen mit dem ganzheitlichen Konzept von ESRI dazu bei, die Chancen vieler Roma-Kinder in Serbien deutlich zu erhöhen.
Dieser Artikel wurde von Liudmila Tsiklis, Praktikantin in der Unterabteilung Kommunikation und Medienbeziehungen des OSZE-Sekretariats, anhand der Informationen verfasst, die Lloyd Tudyk, Leiter des ESRI-Projekts in der OSZE-Mission in Serbien, lieferte.
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